Aktuell, Politik

„Geht wählen!“

Von Sandra Parthie.

Man muss schon unter einem Stein leben, um nicht mitzubekommen, dass am 26. Mai 2019 Europawahlen stattfinden. Dutzende von Video- und Radiobeiträgen, Zeitungsartikel und Internetforen zeigen sich besorgt, dass die Wahlbeteiligung tiefer unter die 50-Prozent-Marke absinken könnte als jemals zuvor. Ihre Botschaft lautet: „Geht wählen!“.

In einem Land wie Belgien, in dem Wahlpflicht herrscht, ist dieser Aufruf vielleicht nicht ganz so entscheidend. Jedoch gibt es EU-weit nur 5 Länder in denen es Pflicht ist, sein Kreuzchen machen zu gehen. Neben Belgien sind das noch Bulgarien, Zypern, Griechenland und Luxemburg, die aber zusammen noch nicht mal 10 Prozent der 400 Millionen Wahlberechtigten Europäer stellen. Der Aufruf kommt also nicht von ungefähr.

In Deutschland sind Europawahlkämpfende oft froh, wenn der Termin für die Wahlen zum Europaparlament mit einer Landtags- oder Kommunalwahl zusammenfällt. So lässt sich wenigstens etwas Aufmerksamkeit und Beteiligung generieren.

Obwohl das also für Belgien nicht so entscheidend ist, werden am 26. Mai trotzdem, wie schon 2014, mehrere „Wahl“fliegen mit einer Klappe geschlagen. Am „Superwahlsonntag“ finden Wahlen zum föderalen Parlament, zum Regionalparlament und auch zum Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft statt. EU-Ausländer, die in Belgien wohnen, aber nicht über die belgische Staatsangehörigkeit verfügen, können jedoch nur die belgischen Kandidatinnen und Kandidaten für das Europaparlament wählen – so sie sich denn ins belgische Wählerverzeichnis eingetragen haben und auf die Teilnahme an der Briefwahl in ihrem Heimatland verzichten.

Alle anderen können das bunte Wahlkampftreiben zwar mit Interesse, aber ohne Wählerstimme verfolgen. Es gibt eine Initiative des Brüsseler Parlaments, den EU-Ausländern bei den nächsten Regionalwahlen die Möglichkeit zur Stimmabgabe einzuräumen. Ob dieses Ansinnen bis 2024 jedoch Realität wird, lässt sich nicht zuletzt aufgrund der vielen involvierten Entscheidungsebenen, schwer vorhersagen.

21 belgische EU-Parlamentarier

Diejenigen EU-Ausländer, die sich dafür entschieden haben, von ihrem Stimmrecht für die Europawahl in Belgien Gebrauch zu machen, können 21 Abgeordnete ins (nun doch wieder – thanks Brits) 751 Abgeordnete EU-Parlament schicken.

Schaut man in die Umfragen, so muss man feststellen, dass die Wählergunst derzeit ziemlich breit verteilt scheint. In Brüssel und der Wallonie liegen, mit Blick auf die föderalen Wahlen, vor allem die Grünen, aber auch die Sozialdemokraten gut im Rennen, in Flandern führt an der N-VA kein Weg vorbei. Sie liegt auch in den Umfragen für die Europawahl ganz vorn in besagter Wählergunst.

Und trotz viel öffentlicher Diskussion über „gender balance“ und zu steigerndem Frauenanteil in der Politik fällt auf, dass die Mehrzahl der Parteien, von Grünen über Liberale bis N-VA in allen drei Regionen mit männlichen Spitzenkandidaten ins Rennen geht. Lediglich in Flandern haben Sozialdemokraten und Grüne Frauen an die erste Stelle ihrer Listen gesetzt. Das mag in einem Land mit Präferenzwahlsystem, wie Belgien eines ist, nicht ganz so entscheidend sein, lässt aber dennoch einiges an Luft nach oben.

Sandra Parthie

Für alle, die in Belgien wählen, zum Schluss noch ein Hinweis: RTBF hat einen Wahl-O-Mat entwickelt, der eine schöne Übersicht über die Parteien und ihre Positionen für die verschiedenen Wahlen am 26.5. bietet: https://www.rtbf.be/info/election/test-electoral#/

One Comment

  1. Alfons van Compernolle

    Nun Genossin Sandra, dass kein Weg an dieser an “Selbstueberheblichkeit & politischen Nationalismus” leidenden NVA vorbeifuehren wird, sehe ich noch nicht. Wenn wir den alten und krankhaften Nationalstaatsgedanken nicht aus den Koepfen von auch in Belgien leider noch immer vorhandenen “ewig-Vorgestrigen” bekommen, sollten wir uns bei Aldi jede Menge Tempotaschentuecher zulegen , denn Europa (EU) wird den Bach runter gehen und die jeweiligen Verfassungen bekommen wieder soetwas wie ein “Nationalsozialistischen-Anstrich” wie in den Jahren von 1933 – 1945 in Deutschland und in anderer Form (Deckmantel) in der UDSSR – DDR – etc.
    Die grossen USA unter Trump machen es uns gerade vor “Erpressung” anstatt Diskussion / Verhandlung & Respekt ! Russland unter Putin ist da auch nicht gerade viel besser und von Nord-Korea mal ganz zu Schweigen.
    Siehe England / Ungarn / Polen usw usw!! Was den Frauenanteil in Fuehrungspositionen in der Wirtschaft oder Politik anbelangt kommt doch langsam schon lange ueberfaellige Veraenderung!
    Hier will und kann ich meiner Gattung (Maennern) den Vorwurf nicht ersparen , Frauen in der Wirtschaft und in der Politik fortwaehrend und bewusst , gezielt nicht nur diskreminiert zu haben, sondern aus sich selbst verherrlichenden Egoismus buchstaeblich lange Zeit in jeglicher Hinsicht ohne Ausnahme unterdrueckt zu haben.
    Die kathol. Kirche ist da wohl das beste Beispiel an Unterdrueckung der Frau gefolgt von den
    zoelibateren Kinderschaenderein auf diesem Globus!

    Frauen sind im “Aufwind” und das ist sehr gut und richtig so !

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