Panorama

Butterschmuggel um Mitternacht

 

Von Ange Donders.

Die neue Generation kann es sich kaum vorstellen, dass vor der Öffnung der Grenzen im Jahr 1993 der Verkehr von Personen, Gütern, Kapital und Dienstleistungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft äußerst beschränkt war. Man brachte damals illegal Waren über die Grenze, um ein bisschen Taschengeld zu verdienen. Sowohl für die belgischen als auch für die niederländischen Grenzbewohner war Schmuggeln meist ein täglichen Gewohnheit…

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg musste die Wirtschaft wieder aufgebaut werden. Dadurch wurde fast alles, womit ein bisschen Geld zu verdienen war, zwischen den Niederlanden und Belgien geschmuggelt. Zwischen 1952 und 1962 war vor allem der Butterschmuggel sehr beliebt. Diese Ware war nämlich in den Niederlanden die Hälfte billiger aufgrund der massiven Produktion von Butter an den niederländischen Bauernhöfen. In Belgien passierte genau das Gegenteil: es gab eine große Nachfrage, aber sehr wenig Angebot, wodurch der Preis des Milcherzeugnisses extrem in die Höhe stieg. Im Jahr 1961 wurde mindestens zehn Prozent der niederländischen Milchprodukte, der 100.000.000 Kilo entsprach, nach Belgien geschmuggelt.

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Dieser Schmuggel geschah nicht oft ohne Gewalt. So brachen die Schmuggler mit gepanzerten Lastwagen durch die Barrieren der Zollbeamten und warfen ihnen Krähenfüße und Öl auf die Straße, um verfolgenden Zöllnern zu entkommen. Nicht selten kam es zu Unfällen bei diesen Verfolgungen. So gab es viele Verletzte und auch einige Tote. Trotz all dieser Gewalt gilt den Butterschmuggel heutzutage noch als der romantischstes Verbrechen der niederländischen Geschichte: Es bereicherte den Staat jedes Jahr um Millionen und machte auch die Schmuggler sehr reich.

Erinnerungen

Deborah Groothuizen (80) spricht über ihre Erinnerungen aus der Zeit des Butterschmuggels: “Wir lebten zu der Zeit in Lanaken, einem Ort in Belgisch-Limburg in der Nähe der Grenze zu den Niederlanden. Meine Eltern waren beide niederländischen Ursprungs, daher überquerten wir oft die Grenze, um unsere Familie zu besuchen. Ich erinnere mich, dass ich immer den Tabak meiner Eltern in meiner Unterwäsche verstecken musste, wenn wir uns dem Zoll näherten. Ich habe auch erlebt, dass wir Margarinebutter aus den Niederlanden nach Belgien brachten. Ich glaube nicht, dass meine Eltern diese jemals in unserem Dorf weiterverkauft haben, sondern nur für eigenen Gebrauch nutzten. Glücklicherweise wurden wir nie beim Schmuggeln erwischt.”

Ein Bericht zeigt, dass ungefähr 1000 Autos innerhalb von vier Jahre angehalten wurden und dass 839.200 Kilo Butter in Beschlag genommen wurde. Da der wirtschaftliche Schaden in den Niederlanden weniger groß war, wurden vier der fünf Festnahmen vom belgischen Zoll durchgeführt. Darüber hinaus erhielten belgische Zollbeamten zehn Prozent des Wertes der beschlagnahmten Butter. Gerade diese Prämie führte dazu, dass viele belgische Zollbeamten auf Butter gejagt haben und Schmuggler oft entließen, weil ein entkommender Schmuggler für sie mehr Geld einbrachte als ein Schmuggler, der hinter Gittern endete. Außerdem gingen viele Schmuggelwaren über die Grenze, weil es an Zollbeamten mangelte, die alle Schmuggelwege im Auge behalten sollten.

Am Ende dieser Episode aus der belgisch-niederländischen Schmuggelgeschichte hatten die Schmuggler eine umfangreiche Infrastruktur aufgebaut und viel Schwarzgeld verdient. Einige fragen sich, wie die zahlreichen Schmuggler weitergelebt haben und wo ihr illegal verdientes Geld hingekommen sei. Manche behaupten, dass aus ehemaligen Schmugglern Drogenhändler wurden. Natürlich gibt es ein paar Ausnahmen, aber die meisten Schmuggler wählte eine andere Form der Steuerhinterziehung, beispielsweise das illegale Verbrennen von Alkohol. Dies hatten sie von ihren belgischen Nachbarn erlernt, was deutlich ein bemerkenswertes Beispiel für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit darstellt.

Ange Donders. [mailto:ange_donders@hotmail.com]

Quellen:
http://www.geschiedenis24.nl/andere-tijden/afleveringen/2001-2002/Botersmokkel.html

http://www.historietilburg.nl/thr/thr1.Spapens.htm

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