Aktuell, Belgien, Wirtschaft

Belgien und Deutschland im energiepolitischen Schulterschluss

Foto: Bundesregierung / Steins

Von Michael Stabenow

Es war ein symbolisches belgisch-deutsches Treffen an der Nordseeküste, betont harmonisch und der Zukunft zugewandt. In Zeebrügge vereinbarten Premierminister Alexander De Croo und Bundeskanzler Olaf Scholz, die energiepolitische Zusammenarbeit zwischen Belgien und Deutschland weiter zu vertiefen. So werde die Kapazität des Terminals für Flüssiggas (LNG) mit Blick auf die Lieferungen nach Deutschland verdoppelt, kündigte De Croo an. Im vergangenen Jahr hätten sich die Lieferungen in das östliche Nachbarland im Vergleich zu 2021 verdreizehnfacht. Schon jetzt stehe Belgien an dritter Stelle der Gaslieferanten Deutschlands.

Scholz würdigte den Beitrag Belgiens zur deutschen Energieversorgung in Zeiten des Ukraine-Krieges. Er stellte ihn aber auch in den größeren Zusammenhang der europäischen Zusammenarbeit als Reaktion auf das militärische Vorgehen Moskaus im Nachbarland Ukraine. So sei es gelungen, auch EU-Partnerländer wie Österreich, Tschechien und die Slowakei mit Energie zu versorgten. Dass die befürchtete Wirtschaftskrise ausgeblieben und die Energieversorgung gesichert sei, wertete er als eine “große Leistung Europas”.

De Croo und Scholz waren sich einig darin, dass sich das Ziel der für die EU im Jahr 2050, für Deutschland bis 2045 angestrebten Klimaneutralität nur erreichen lasse, wenn dies mit dem Übergang zu umweltfreundlichen Energieträgern sowie einer besseren grenzüberschreitenden Vernetzung der Stromnetze in Europa einhergehe. Bis 2020 hatte es gedauert, ehe die Netze Deutschlands und Belgiens durch einen sogenannten Interkonnektor verbunden wurden. De Croo kündigte in Zeebrugge den Bau einer zweiten entsprechenden grenzüberschreitenden “Allegro”-Stromverbindung an.

Scholz verwies darauf, dass Deutschland mit dem Bau mehrerer LNG-Terminals in Norddeutschland auch selbst einen besseren Zugang zu Gaslieferungen erhalten habe. Belgien habe seine Kapazitäten “bis zum Anschlag” genutzt. Die Versorgungssicherheit Europas,  zunehmend durch erneuerbare Energiequellen, nicht zuletzt auch durch sogenannten grünen Wasserstoff, sehen die Regierungschefs auch als eine entscheidende Voraussetzung dafür, Europas Stellung als führendem Industriestandort zu sichern. Dies werde mit erheblichen Investitionen einhergehen müssen.

De Croo nannte aus belgischer Sicht vier Zielsetzungen. Zunächst gelte es, die Leitungen nach Deutschland im “Dual-Use”-Modus auch für den Transport von Wasserstoff nutzen zu können. Geplant sei eine Verdopplung der Kapazitäten für die LNG-Ausfuhr. Als weiteres Ziel nannte er die Förderung der erneuerbaren Energiequellen. Ende April wird in Ostende ein Treffen von neun europäischer Staaten stattfinden, bei dem es insbesondere um den Ausbau der Windenergie gehen soll. Im Jahr 2050 sollen 150 Gigawattstunden Strom aus der Nordsee gewonnen werden. Ein weiteres Ziel ist die bessere Vernetzung des europäischen Strommarkts.

“Kein europäisches Land kann sagen: Wir machen es alleine”, sagte De Croo. Scholz betonte, dass die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Belgien und Deutschland, nicht nur in der Energiepolitik, sehr eng sei. Es sei “schwer, nochmals eine Steigerungsform zu finden”, antwortete der Bundeskanzler auf die Frage, wie wichtig Belgien als Partner Deutschlands im Vergleich zu anderen Ländern sei.

Leave a Comment

Ihre E-Mail-Adresse wird veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.