Das Land

Weitreichendes Verbot für Aus- und Einreisen in Belgien

Von Michael Stabenow.

Im Vergleich zu den Nachbarländern steht Belgien derzeit bei den Corona-Neuinfektionszahlen relativ gut da. Dennoch – oder gerade deswegen – reagiert das Land, nach einer weiteren Sitzung des Konzertierungsausschusses der Föderal- und Regionalregierungen am Freitagabend, mit einer weiteren Verschärfung der geltenden Beschränkungen im Reiseverkehr. So sollen von kommendem Mittwoch, dem 27. Januar, an alle „nicht notwendigen“ Reisen aus und nach Belgien bis Ende Februar verboten sein.

Unter Anspielung auf die schätzungsweise rund 160.000 Einwohner des Landes, die während der Weihnachtsferien ins Ausland gereist waren, sagte Premierminister Alexander De Croo : „Wir haben gesehen, dass das Virus mitreist, wenn Menschen reisen.“ Sie brächten das Virus im Koffer mit, warnte De Croo.  Dies gelte nicht insbesondere für die britische und andere ansteckendere Varianten des Virus’, die bereits in Belgien präsent seien.

Die Anzahl der Neuinfektionen lag zuletzt relativ stabil bei täglich rund 2000. Eine Reihe von Ausbrüchen in Schulen und Altersheimen hatte jedoch Befürchtungen geweckt, dass auch in Belgien eine „dritte Welle“ bevorstehen könnte. Vor diesem Hintergrund bleibt die für den 13. Februar in Aussicht gestellte Wiedereröffnung von Frisier- und Schönheitssalons ungewiss. Regierungschef De Croo machte deutlich, dass eine entsprechende Lockerung nur bei einer günstigen Entwicklung der Zahlen möglich sei. Der Konzertierungsausschuss soll am 5. Februar zu einer weiteren Sitzung zusammenkommen.

Konkret gelten die bisherigen Beschränkungen weiter und werden um „ein zeitlich befristetes Verbot für Reisen aus und nach Belgien, die der Erholung und dem Tourismus dienen“, erweitert, wie es in der offiziellen Mitteilung heißt (abrufbar unter www.info-coronavirus.be).

Ausnahmen und Sonderregelungen

„Notwendige Reisen“ sind weiter aus „zwingenden familiären Gründen“ zulässig. Dies gilt für die Familienzusammenführung, aber auch für Besuche eines im Ausland lebenden Ehe- oder Lebenspartners. Zulässig sind auch Reisen zu Hochzeiten oder Trauerfeiern für Familienangehörige oder sonstige „nahestehende“ Personen. Ausnahmen gelten auch aus sogenannten humanitäre Gründe für Reisen ins Ausland; dazu werden medizinische Motive sowie der „Beistand für eine ältere, minderjährige, behinderte oder besonders hilfsbedürftige Person“ gerechnet. Schülerinnen und Schüler sowie Studierende dürfen weiter an grenzüberschreitenden Austauschprogrammen teilnehmen. Weitere Sonderregelungen gibt es für Bewohnerinnen und Bewohner der Grenzregionen. Reisen aus beruflichen Gründen sind weiter generell möglich. Schließlich sind auch Reisen zulässig, wenn es um einen Umzug, eine dringende Autoreparatur geht oder ein zwingender rechtlichen Grund vorliegt. Jeder Reisende muss eine „ehrenwörtliche Erklärung“ unterschreiben und bei sich führen, wonach die Reise im Einklang mit den in der Mitteilung aufgeführten Ausnahmen steht. Das Formular soll vom belgischen Innenministerium zur Verfügung gestellt werden und im Internet abrufbar sein.

Davon nicht betroffen bleibt jedoch die Regelung, dass das seit längerem geltende „Passenger Locator Form“ erst bei Auslandsaufenthalten von mehr als 48 Stunden ausgefüllt sein muss.

Wer nicht in Belgien wohnhaft ist und einreisen will, muss sich sowohl vor der Abreise, als auch nach der Ankunft testen lassen. Bei Corona-positivem Testergebnis, muss man sich zehn statt bisher sieben Tage von der Außenwelt isolieren. Die Maßnahme wird mit der offenbar längeren Ansteckungsgefahr durch neuere Virusvarianten begründet. Reisende, die aus dem Vereinigten Königreich, Südafrika und Südamerika nach Belgien kommen, müssen sich für zehn Tage in Quarantäne begeben und sich zweimal – am ersten und am siebten Tag – testen lassen.

Stockende Impfungen 

Reichlich Verwirrung hat es in den vergangenen Tagen um die Verabreichung der Impfstoffe gegeben. In welchem Umfang Pfizer und BioNtech weniger Dosen als vorgesehen geliefert haben, ließ sich wegen widersprüchlicher Angaben nicht genau ermitteln. Feststeht lediglich, dass Impfungen in Altersheimen wegen befürchteter Engpässe langsamer als erhofft erfolgten. Die Impfungen von Ärzte und Pfleger, die „an vorderster Front“ Corona-Patienten in Krankenhäusern versorgen, mussten sogar vorübergehend ganz gestoppt werden.

Nach Angaben der Gesundheitsbehörde Sciensano haben in Belgien, Stand 21. Januar, bisher 162.516 Personen eine erste Impfdosis erhalten. Dies entspricht 1,4 Prozent der Gesamtbevölkerung sowie knapp 1,8 Prozent der – über 18 Jahre alten – Personen, die für eine Impfung in Frage kommen. Lediglich 295 Menschen erhielten bisher die – im Regelfall drei Wochen nach der ersten Impfung vorgesehene – zweite Dosis, die Schutz vor einer Erkrankung bieten soll.

Im Vergleich der Regionen schneidet derzeit Wallonien am besten ab. Dort haben aktuell 56.218 Menschen die erste Impfdosis erhalten (1,54 Prozent der Gesamtbevölkerung, 1,94 Prozent der über 18-Jährigen). In Flandern wurden 94.251 Menschen geimpft (1,42 Prozent der Gesamtbevölkerung, 1,76 Prozent der über 18-Jährigen). Schlusslicht ist die Hauptstadtregion Brüssel. Dort bekamen erst 12.342 Menschen eine erste Impfdosis (1,01 Prozent der Bevölkerung, 1,31 Prozent der über 18-Jährigen).

Insgesamt sind bisher 373.430 Impfdosen nach Belgien geliefert worden. Der Löwenanteil (365.430) entfällt auf Pfizer und BioNtech. Der amerikanische Produzent Moderna hat aktuell 8000, ausschließlich zur Impfung von Klinikpersonal vorgesehene Dosen, geliefert. Bestellt sind im Moment fünf Millionen Dosen des Impfstoffs von Pfizer und BioNtech. Moderna soll zwei Millionen Dosen liefern. Der britisch-schwedische Pharmakonzern AstraZeneca, dessen Impfstoff die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) voraussichtlich in der kommenden Woche zulassen wird, soll sogar 7,74 Millionen Dosen liefern. Weitere 5,16 Millionen Dosen soll der amerikanische Hersteller Johnson&Johnson zur Verfügung stellen, sobald er die offizielle Zulassung seines Impfstoffs erhält. Er hat den Vorteil, dass nur jeweils eine einzige Dosis verabreicht werden muss.

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