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Waterloo: Blücher schreibt den mutigen Belgiern

640px-Marschall_Vorwärts_(1863)Von Thomas Philipp Reiter

Nur drei Tage nach der gewonnenen Schlacht, am 21. Juni 1815, hat sich der Rostocker Gebhard Leberecht von Blücher, Fürst von Wahlstatt, besser bekannt als preußischer Generalfeldmarschall Blücher, an die „mutigen Belgier“ gewandt. Dies ist das Ergebnis eigener Recherche in den „Archives de l’État en Belgique“.

Zwei Aspekte sind an der „Proklamation des Fürsten Blücher an die tapferen Belgier“ besonders interessant. Erstens: Die Erklärung wurde bereits in den späteren beiden belgischen Landessprachen Französisch und Niederländisch, nicht aber in Blüchers Muttersprache Deutsch veröffentlicht. Und zweitens: Blücher wendet sich bereits 1815, also fünfzehn Jahre vor der Erhebung der südlichen gegen die restlichen Niederlande, an „die Belgier“. Dabei wurde die Geburt einer belgischen Nation erst 1830 offiziell. Und damit ist sie immer noch mehr als 40 Jahre älter als die deutsche.

Mit Hilfe des belgischen Staatsarchivs haben wir jetzt eine deutsche Übersetzung des Textes ausfindig gemacht. Sie entstammt dem zweisprachigen (französisch-deutschen) „Offiziellen Journal des Groß-Herzogthums Lützemburg“ aus der zweiten Hälfte des Jahres 1815 und kann hier nachgelesen werden.

Der offensive Blücher wurde während der Befreiungskriege von seinen russischen Verbündeten als „Marschall Vorwärts“ bezeichnet wurde. Nach Waterloo aber zeigt er sich von einer empathischen Seite. Es war ihm wichtig, sich von den Belgiern angemessen zu verabschieden. „Da meine Armee auf dem Punkt ist das französische Gebiet zu betreten, so können wir, tapfere Belgier, das Eurige nicht verlassen, ohne von Euch Abschied zu nehmen, und ohne Euch unsere lebhafte Dankbarkeit für die Gastfreundschaft, die Ihr gegen unsere Soldaten ausgeübt habt, zu bezeugen. „Le Prince Blucher aux braves Belges“ wurde dabei in Luxemburg allerdings fälschlich mit „Prinz Blücher an die brafen Belgier“ übersetzt. Der Marschall bezeichnet die Belgier als „mutiges, biederes und edelmütiges Volk“ und setzt ihnen damit ein Denkmal an das das Staatsarchiv genau 200 Jahre später nun wieder erinnert. „Adieu, braves Belges!“ verabschiedet sich der preußische Generalfeldmarschall standesgemäß. „Das Andenken an Eure Tugenden und an die gastfreundschaftliche Aufnahme, die wir bei Euch genossen haben, wird ewig in unseren Herzen eingegraben sein. Möge der Gott des Friedens Euer schönes Land beschützen, möge er lange Zeit die Kriegsunruhen von Euch entfernen“, wünscht er.

1830 erst wird aus diesem Land tatsächlich das Königreich Belgien. Keine 100 Jahre nach Blüchers Abschied kehren die preußischen Truppen zurück. Doch diesmal nicht als Befreier sondern als Angreifer auf ein neutrales Land. Doch dies ist eine andere Geschichte.

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