Aktuell, Wanderungen

Wanderungen rund um Brüssel – Westerlo und Tongerlo

 

Von Michael Stabenow

Länge 10,6 Kilometer, Dauer rund zweieinhalb Stunden (mit Besichtigung der Abtei von Tongerlo deutlich mehr); Ausgangspunkt: Rietstraat 1 (an der Lambertuskerk), 2260 Westerlo

Knotenpunkte: 130,18,19,13,12,14,183, 10,9,8,7,340,3,382,2,1,343,5,6,21,20,16, 130

Als wir auf der Suche nach einer reizvollen Wanderung in der Provinz Antwerpen waren, stießen wir, wie das so beim Surfen im Internet passieren kann, mehr oder weniger zufällig auf die „Reisbeesten“. Hinter den – zu Deutsch – „Reisebiestern“ (www.reisbeesten.be) verbirgt sich ein „begeistertes Reisepaar“ aus Antwerpen. Thrin und Sam, so heißen die beiden, haben sich nicht nur in 40 Ländern auf vier Kontinenten umgesehen. Sie haben auch eifrig vor der eigenen Haustür nach geeigneten Rundwegen Ausschau gehalten.

10 prächtige Wanderungen“ (10 prachtige wandelingen in de provincie Antwerpen – Reisbeesten) haben Thrin und Sam empfohlen. Wir haben uns für die Nummer 10, „De centrale Kempen in Westerlo“, entschieden – und es keineswegs bereut. Die 10,6 Kilometer lange Rundwanderung beginnt und endet im Zentrum der mit den dazugehörigen Siedlungen etwas mehr als 25000 Einwohner zählenden Kleinstadt Westerlo.

Die Wanderroute verläuft vorwiegend auf Waldboden. Sie führt zunächst entlang des Flüsschens Grote Nete vorbei am Schloss „Kasteel van Merode“. Es befindet sich nach wie vor im Besitz der gleichnamigen, dem belgischen Hochadel entstammenden Familie. Anschließend verläuft die Strecke zunächst durch ein ausgedehntes Waldgebiet westlich des Städtchens, danach in nördlicher Richtung zur altehrwürdigen Prämonstratenser-Abtei von Tongerlo sowie schließlich nach Süden wieder zurück in das Zentrum Westerlos.

Die Stadtväter preisen Westerlo als „Perle der Kempen“ – jenem vielfach durch sandigen Boden, Heidelandschaft und Waldgebiete geprägten Landstrich. Er umfasst nicht nur weite Teile der flämischen Provinzen Antwerpen und Limburg, sondern reicht auch in den Südteil der niederländischen Provinz Nordbrabant hinein.

Die Wanderung beginnt am Knotenpunkt 130 – an der ursprünglich im 15. Jahrhundert erbauten, aber nun in neugotisches Gewand gehüllten Lambertuskerk. Etwas nördlich der Kirche in der Sint-Lambertusstraat, hinter dem Fremdenverkehrsamt, ist eine Reihe von Parkplätzen vorhanden. Dort kann man sein Auto kostenlos und ohne zeitliche Begrenzung durch Parkscheibenpflicht abstellen.

Nach wenigen Schritten auf der schmalen Rietstraat gelangen wir – am Knotenpunkt 18 – mitten ins Grüne. Für eine Ruhepause ist es vielleicht noch ein wenig zu früh. Aber der Anblick einer Sitzbank kann auch erfreulich sein, wenn Wanderer noch nicht ermattet sind. Und sie wird, wie sich auf den nächsten Kilometern herausstellt, nur eine von vielen Sitzgelegenheiten entlang des Rundweges sein.

Zunächst führt die Wanderroute am rechten, dann, nach Überquerung einer Brücke, am linken Ufer der nahe der niederländischen Grenze in der Provinz Limburg entspringenden Grote Nete entlang. Rechterhand, jenseits des anderen Ufers, erscheinen die Umrisse des Schlosses Merode. Seine Ursprünge sollen auf das 11. Jahrhundert zurückgehen. Heute ist es ein Wasserschloss, dessen Wohnturm um 1300 herum mit einem aus der weiteren Umgebung stammenden rötlichen Sandstein errichtet worden ist. Im Lauf der Zeit hat sich das Anwesen mit seinen auffälligen Türmchen durch unterschiedliche Stilrichtungen sehr gewandelt.

Unverändert – seit 1482 – ist das Schloss im Besitz von Sprösslingen des Adelsgeschlechts de Merode. Ursprünglich war die Familie im Rheinland beheimatet. Das Stammhaus befindet sich unweit von Düren in Langerwehe-Merode (Schloss Merode | Schloss Merode). Heutiger Besitzer des Schlosses, das Gruppen nur nach vorheriger Absprache besichtigen können, ist seit 2006 der 1981 geborene Prinz Simon de Merode. Mit Hilfe des gemeinnützigen Vereins „Vrienden van het Kasteel van Westerlo“ wurden 2013 umfassende Renovierungsarbeiten auf den Weg gebracht.

Einige Minuten später erreichen wir am Knotenpunkt 12 die stark befahrene Nationalstraße 19. Wer Gefahr für Leib und Leben vermeiden will, geht jetzt am besten einige Schritte nach Norden und nimmt den offenbar primär für Radfahrer errichteten Übergang. Auf der anderen Straßenseite laufen wir das Stückchen zurück und biegen rechts auf einen unbefestigten Weg ab. Nach dem Knotenpunkt 14 sind es nicht weniger als 1,8 Kilometer bis zum Knotenpunkt 183. Wir befinden uns jetzt in den insgesamt 160 Hektar großen Waldgebieten Beeltjens und Kwareken. Entlang der sich jetzt großzügigen schlängelnden Grote Nete geht es zunächst durch vorwiegend von Laubbäumen gesäumtes feuchtes Gelände.

Am Knotenpunkt 183 führt schräg nach rechts ein schmalerer Weg zum Knotenpunkt 10. Allmählich nimmt der Anteil der Kiefern sowie der für diesen Teil Belgiens oft charakteristischen Heidelandschaft zu. Die nächste Hauptstraße können wir zum Glück dank einer Holzbrücke mit gelb markierten Stufen ohne Nervenflattern überqueren. Rechterhand liegt der Asberg, mit gerade einmal 24 Metern über dem Meeresspiegel die weit und breit höchste Erhebung. Am Knotenpunkt 7, an dem insgesamt sieben Wege einmünden, nehmen wir den ersten, nach links führenden in Richtung des Knotenpunkts 340.

Nach einigem Zickzack zwischen Bäumen erreichen wir hinter dem Knotenpunkt 3 den Waldesrand und ein Neubaugebiet. Wo der Weg auf eine asphaltierte Straße stößt, biegen wir rechts ab und laufen weiter nach Norden zum Knotenpunkt 382. Dass die Straße namens Overwijs wenig später im rechten Winkel abgeht und dort ein Knotenpunkt 54 angezeigt wird, sollte uns nicht über Gebühr irritieren. Wir gehen einfach weiter geradeaus auf der Straße, die jetzt Heksenbrug heißt, einen kleinen Wasserlauf namens Wimp überquert und nach dem gefahrlosen Passieren der mit Zebrastreifen geschmückten Hauptstraße Geneinde am Knotenpunkt 382 nun Oevelse Dreef heißt.

Rechts erblicken wir die imposante, offiziell als „Onze-Lieve-Vrouwabdij van Tongerlo“ bezeichnete Abtei, zu der es am Knotenpunkt 2 rechts abgeht. Ihre Ursprünge reichen in das Jahr 1130 zurück. Damals ließen sich hier einige von der Antwerpener Sankt-Michaelsabtei gekommene Prämonstratensermönche nieder, in Flandern Norbertiner genannt.

Die folgenden Jahrhunderte waren durch Zeiten der Blüte, aber auch der Not gekennzeichnet. Das galt auch für die südöstlich in 10 Kilometer Luftlinie von Tongerlo entfernte, zur gleichen Zeit entstandene und nicht minder beeindruckende Prämonstratenser-Abtei Averbode.

Nach der Französischen Revolution, die nach 1795 den Verkauf der Besitztümer und die Aufhebung des Mönchordens zur Folge hatte, verging fast ein halbes Jahrhundert, ehe die Ordensgemeinschaft sich abermals in Tongerlo niederlassen konnte. Erst danach entstanden die heutigen Klosterwohnungen mit der das Ensemble beherrschenden neugotischen Abteikirche. Sie wurde damals an der Stelle des zuvor zerstörten spätgotischen Gotteshauses errichtet worden. Derzeit zählt die Klostergemeinschaft rund zwei Dutzend Mönche, die an ihren traditionellen weißen Kutten zu erkennen sind.

Zur Geschichte des Klosters und des Ordens gibt es eine Dauerausstellung in einem aus dem 17. Jahrhundert stammenden Scheunenbau („Tiendschuur“). Das älteste erhaltene Bauwerk des Klosters ist das auf das 14./15. Jahrhundert datierte Eingangstor, durch das wir die Klosteranlage verlassen. Linkerhand geht es zum kleinen Da Vinci-Museum. Das Schmuckstück, eine zeitgenössische, jüngst restaurierte Kopie des Ende des 15. Jahrhunderts entstandenen Wandgemäldes „Das Abendmahl“ des italienischen Renaissancekünstlers, soll von Frühjahr 2023 an in der Abteikirche zu bewundern sein. Nach neueren Erkenntnissen könnte da Vinci damals selbst an der Anfertigung der Kopie beteiligt gewesen sein.

Wir verlassen den Gebäudekomplex des Klosters am Knotenpunkt 1 und gehen in südlicher Richtung zur Hauptstraße und zu den Knotenpunkten 343 sowie 5. Die links von Bäumen, rechts von recht stattlichen Anwesen gesäumte Boerenkrijglaan verlassen wir nach einigen hundert Metern an der Stelle, an der sie einen Knick nach links aufweist. Wir gehen geradeaus weiter und landen wieder auf einem unbefestigten Weg, der entlang an Neubauten führt. An der Einmündung in der Kardinaal Cardijnstraat biegen wir nach links ab und folgen dem Straßenverlauf einige hundert Meter weit.

Am Knotenpunkt 6 geht es wieder auf einen von Bäumen gesäumten breiten Weg. Linkerhand befindet sich die Jugendherberge „Hostel Westerlo – Boswachtershuis“. Sie wartet mit einer Gasstätte und einem von jüngeren Besuchern gewiss geschätzten größeren Spielplatz auf. Am Knotenpunkt 21 biegen wir nach links in Richtung der Ortsmitte ab. Links sehen wir zunächst das Schwimmbad „De Beeltjens“ und erblicken anschließend in einer Grünanlage einen neoklassischen Schlossbau, der heute als Rathaus von Westerlo dient. Das als „Neues Schloss“ bezeichnete Gebäude hatte Anfang des 20. Jahrhunderts Gräfin Jeanne de Merode errichten lassen.

Wir lassen das Rathaus linkerhand liegen. Durch eine Unterführung geht es unter der Nationalstraße 19 hindurch und dann über den Knotenpunkt 16 zum Hauptplatz (Grote Markt) zurück. An dessen nördlichen Ende taucht nun der Ausgangspunkt der Rundwanderung, die Lambertuskerk, auf.


Fotogalerie

Fotos: Michael Stabenow

2 Comments

  1. Wat leuk dat jullie deze wandeling hebben gelopen. Mooi verslag en foto’s!

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