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Ruhe sanft, auch wenn Du ein Öko bist

Von Sibylle Schavoir.

Die wirklich ökologische Familie hat in ihren schweren Stunden, wenn sie der toten Oma eine letzte Ruhestätte zuweisen möchte, Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung. Vor allem, wenn die besagte Oma verkündet hatte, sie wolle nicht eingeäschert werden. Friedhöfe haben nicht immer Liegeplätze, und die wenigen sind oft teuer. Ein schöner Holzsarg ist teuer, man benutzt ihn nur wenige Tage wirklich. Einige Bestattungsunternehmen in Belgien prüfen jetzt die neue Bestattungsart, Holzsärge durch Kartons oder Pappe zu ersetzen, sind aber nicht gerade begeistert. An diesen Materialien gibt es nichts zu verdienen. Andere wiederum, so in Flandern und der Wallonie, übernehmen die neue Methode, behalten die traditionelle Bestattungsart aber bei.

In anderen Ländern Europas wie z.B. Deutschland, Frankreich, Holland, Schweiz wird die ökologische Bestattungsart bereits genutzt. Und auch in außer-europäischen Ländern wie Mexiko und Südamerika wird die Methode des Öko-Sargs übernommen. „Sie ist ökologischer, sparsamer und würde die Arbeit der Friedhofswärter erleichtern“, so die Ministerin Valérie De Bue (MR), die offiziell die Verarbeitung von neuen Materialien für Öko-Särge in Belgien für gültig erklärt hat.

Jedoch nicht für Gruften geeignet

Da sich Kartons und Pappe in kurzer Zeit zersetzen, bedeutet dies, dass die Verwesung schneller einsetzt. Was wiederum die Arbeit der Totengräber erleichtert, wenn sie eine Exhumierung vornehmen müssen, unterstreicht Ministerin Valérie De Bue die Bedeutung der neuen Bestattungsart. Für Einäscherungen eignen sich die Öko-Särge sehr gut, da sie schadstoffärmer sind als die Vollholzsärge. Für Beerdigungen in einer Gruft allerdings nicht, da Gase schneller an die Oberfläche heraustreten als bei soliden Holzsärgen.

Materialtipps für ökologische Selberfalter

Der Sarg aus Pappe besteht zu 60% aus chlorfrei recyceltem Altpapier und nur 40% neuem Zellstoff. Verwendet werden nur Leime aus rein pflanzlichen Bestandteilen. Gegenüber dem klassischen Sarg zeichnet er sich durch sein geringes Eigengewicht (12 Kilo) und seine Belastbarkeit von 200 Kilogramm aus. Hinzu kommt ein Minimum an Lagerplatz. Auf nur vier Quadratmetern lassen sich problemlos 150 Särge unterbringen. Es gibt auch Särge aus Karton zum Selberfalten, aus denen sich in kurzer Zeit ein solider Öko-Sarg aufbauen lässt. Dies wäre bei einer Katastrophe, wo Dutzende von Särgen zur Unglücksstelle gebracht werden müssen, platz- und zeitsparend. Sie können schnell verladen und in kürzester Zeit aufgebaut werden.

Särge mit Dekorationen

Ein anderer und auch neuer Trend sind Särge mit Dekorationen. Olivier Titeux, Bestattungsunternehmer aus Saint-Hubert in den Ardennen, stellt Särge her, die mit persönlichen Motiven oder blinkblink Swarowski-Kristallen geschmückt sind. Eine Dame aus Holland bemalt Särge mit Blumen in wetterfesten Farben, jedoch ist der Aufwand recht kostspielig. Die Regenwürmer staunen. Hier bleibt alles im vegetarischen Bereich.

Bloß die Vampire werden bald keine steinerne Gruften mehr finden, deren Sargdeckel sich um Mitternacht quietschend öffnen. Der Wohnungsmangel! Keine Nahrung! Ökologie macht bei ihnen keinen Spaß: „Ruhe sanft in Wellpappe“ ist auch geschmückt oder mit persönlichen Sprüchen nichts für sie. Aber vielleicht doch für die oben erwähnte Oma? Die bekäme in der Kirche möglicherweise eine „fröhlichere“ Aussegnung. Niemand weiß, wohin die letzte Reise geht. Hoffentlich doch ins Paradies?

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