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Pegida Vlaanderen: Und sie tun es doch

Pegida Vlaanderen hat nun doch noch demonstriert. Am Montagabend, dem 2. März, zogen rund zweihundert Flamen durch die nächtliche Innenstadt Antwerpens und skandierten „Wij zijn het volk“ – „Wir sind das Volk“. Die Kundgebung war von Bürgermeister Bart De Wever verboten worden. Während in Deutschland Pegida sich selber zerstört, hat der Albtraum in Flandern gerade erst angefangen.

Schon im Januar, unmittelbar nach dem Attentat auf „Charlie Hebdo“, hatte sich eine flämische Pegida-Bewegung formiert. Sie warb vor allem auf Facebook um potenzielle „Followers“. Deren Zahl ist mittlerweile auf 8500 angewachsen.

Vergangenen Montag fand die erste Kundgebung statt. Bereits für den 23. Januar hatte Pegida Vlaanderen eine Demonstration angemeldet. Sie war anschließend noch zwei Mal von Bürgermeister Bart De Wever wegen der in Belgien herrschenden Terrorwarnstufe 3 verboten worden. Nun hat Pegida Vlaanderen sich einfach darüber hinweggesetzt.

Ein starkes Polizeiaufgebot umzingelte die Demonstranten auf dem Hendrik-Conscience-Platz in der Antwerpener Innenstadt. Die Demonstranten setzten sich aufs Pflaster und sangen den „Vlaamse Leeuw“, die flämische „Nationalhymne“. Filip Dewinter, Parlamentsabgeordneter und ehemaliger Vorsitzender der ausländerfeindlichen, anti-islamischen und flämisch-nationalistischen Partei Vlaams Belang, trat ans Mikrofon und forderte Meinungsfreiheit für Rassisten und Rechtsradikale. Antwerpen müsse von Muslimen gesäubert werden.

Mehr noch als die deutsche Pegida-Bewegung speist die flämische sich aus einem rassistischen und nationalistischen Reservoir, das seine Wurzeln unter anderem in einer nie aufgearbeiteten Kollaborationsvergangenheit während der Zeit des deutschen Nationalsozialismus hat. Umso schamloser sind die Forderungen nach einem „reinrassigen“ unabhängigen flämischen Staat, wobei auch die Vereinigung mit Holland zu einem Staat namens „Großniederlande“ nicht ausgeschlossen wird.

Für nächsten Montag ist eine Pegida-Versammlung in der ostflämischen Stadt Sint-Niklaas geplant. Das Motto lautet: „Dies ist unser Land“. Der Vlaams Belang, der bei der letzten Parlamentswahl nur noch rund 5 Prozent der Stimmen erhielt, scheint durch die Hintertür wieder die Bühne zu betreten. Allerdings sollen schätzungsweise 30 Prozent der Wähler der stärksten Regierungspartei N-VA (Neue Flämische Allianz) sich aus Vlaams-Belang-Wählerstimmen speisen – Wähler, die ihrer Überzeugung eines unabhängigen, ausländerfreien Flanderns nie abgeschworen, aber eine „salonfähigere“ Partei gewählt haben.

Marion Schmitz-Reiners

One Comment

  1. Ingo Wagner

    Ein wichtiges Thema, das mehr Beachtung verdient.

    Es wäre der Sache aber sicher dienlich, zwischen Forderungen nach ‘Reinrassigkeit’ und einem flämischen Staat zu unterscheiden. Während viele NVA-Wähler*innen zwar für zweiteres sind, distanzieren sie sich explizit von ersterem. Gerade hier ist es wichtig, nicht zu verallgemeinern.

    Was die Kollaboration zu Zeiten des zweiten Weltkriegs angeht, ist bezüglich der Shoah das Buch ‘Die Shoah in Belgien’ zu empfehlen.

    Insbesondere muss aber auch auf die BEwegung ‘Hart Boven Hard’ hingewiesen werden, die die Demonstrationen gegen Pegisa anführt (und sich an die Verbote ‘hält’).

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