Aktuell, Archiv, Kultur

Klimt ist nicht das Ende

Von Margaretha Mazura.

Aus Anlass der österreichischen Ratspräsidentschaft zeigt das BOZAR die schon in Wien mit Erfolg gezeigt Ausstellung “Klimt ist nicht das Ende. Aufbruch in Mitteleuropa” wie sie dort hiess. Es ist der einzigartige Einblick in die Moderne, wie sie die Nachfolgerstaaten der K.u.K Habsburgermonarchie hervorgebracht haben, von Jugendstil zu Expressionismus und avantgardistischer Abstraktion.

Als 1914 durch Schüsse in Sarajewo und in der Folge unglücklicher, diplomatischer und politischer Ereignisse und Rankünen ein Krieg begann, der im deutschsprachigen Raum Erster Weltkrieg, von den Siegermächten jedoch immer als der Große Krieg benannt wurde, waren alle im Kriegstaumel. Jeder wollte Held sein und an der Front siegen. Keiner dachte ans Sterben und an das Ende. Dieser Krieg stellte nicht nur aufgrund der Schlachten und Greuel eine Zäsur dar. In der Mitte, 1916, starb der Zusammenhalter des damals grössten europäischen Reiches, Österreich-Ungarn. 1918, zu Kriegsende, trafen die Sieger in Versailles zusammen und teilten Europa auf – und setzten so letztendlich den ersten Grundstein für den zweiten Weltkrieg.

Wien war der Mittelpunkt

Das Wien Anfang des 20. Jahrhunderts war geprägt vom intellektuellen Zeitgeist der Psychoanalyse, der provozierenden Literatur (Schnitzler, Karl Kraus), Musik (Mahler, Berg, Schönberg) und bildenden Kunst (Schiele, Kokoschka). Wien war der kontroversielle Mittelpunkt der adligen Gesellschaft, des aufkommenden Sozialismus und des immer stärker werdenden Antisemitismus. All das beeinflusste die Kunst, die sich zu emanzipieren begann. Die Zwischenkriegszeit zeigte mehr denn jede andere Epoche, dass Kunst auch Ausdruck von und Reaktion auf Politik ist.

Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit“ steht oberhalb des Haupteingangs der Wiener Sezession.

Als Klimt sich 1897 von der traditionellen Malkunst, die im Künstlerhaus seinen Olymp hatte, verabschiedete und Gründungsmitglied und erster Präsident der Wiener Sezession wurde, hatte er wohl kaum zu hoffen gewagt, dass seine Kunst einmal emblematisch für die Wiener Moderne werden würde, mit bis zu dreistelligen Millionenpreisen. Noch in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts waren Klimts Werke als Kitsch und Schieles Zeichnungen als pervers abgetan worden.

Die Ausstellung beginnt mit der Ikone Klimt und breitet sich langsam aus, auf bekannte und zu entdeckende Künstler aus den früheren Kronländern, die ab 1918 unabhängige Staaten wurden. Deren Künstler konnten immer noch ein gemeinsames kulturelles Erbe vorweisen und vom früheren internationalen Netzwerk der Künstler profitierten und regen Austausch halten. Ob ein Mucha aus der Tschechoslowakei – der durch seine Jugendstildamen in Paris bekannter ist als durch die Gemälde aus seinem Slawischen Epos, die „ungarischen Wilden“ im Gefolge von Rippl-Rónay, oder Kokoschkas gemaltes „Erbe des Barocks“, sie alle gingen neue Wege in ihrer Kunst. Die 20er Jahre waren auch ein Zusammenspiel von Kunsthandwerk, das sich der Kunst annäherte, und angewandter Kunst, sei es durch das Bauhaus, die weiterhin existierende Wiener Werkstätte, oder neue Plakat- und Werbekunst, wo Typographie und Geometrie sich zu abstrakten Design vereinten.

Den Zeitgeist erklären

Die Ausstellung, kuratiert von Alexander Klee, bringt teilweise unbekannte Kunstwerke – und Künstler – zusammen und erklärt so den Zeitgeist einer Epoche. Der Zuschauer begegnet bekannten Werken, aber sein Verständnis der Zeit wird durch neue Entdeckungen erweitert.

Meine drei persönlichen Lieblingsentdeckungen: Herbert Plobergers „Vor dem Schaufenster“ 1928, Lilly Steiners „Composition baroque“ 1938 und Kokoschkas „Anschluss – Alice im Wunderland“ 1942.

Eine interessante Nebenproduktion: Die Virtual Reality Installation von Frederick Baker, ein Gang durch Klimts magischen Garten, inspiriert von seinem Fries für das Brüsseler Palais Stoclet, mit Hilfe von 3D Technologie. Ausprobieren!

Praktische Information:

Beyond Klimt – new horizons for Central Europe 1914-1938”

BOZAR, bis 20 Januar 2019

Rue Ravenstein 23

Tickets: Rue Ravenstein 16

Di – So 10-18 Uhr

Do 10-21 Uhr

Montags geschlossen

Preis: 16 EUR

Webseite: https://www.bozar.be/en/activities/133869-beyond-klimt

(nur auf EN, FR, NL)

Dort können auch Tickets reserviert werden

Leave a Comment

Ihre E-Mail-Adresse wird veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.