Kultur

jazzathome 2017 in Mechelen

Von Ferdinand Dupuis-Panther.

Am Tag des offenen Denkmals hatten wieder einige Mechelner Bürger ihre Privatanwesen als Spielstätten zur Verfügung gestellt. Wie im späten 19. Jahrhundert die bürgerlichen literarischen Salons gang und gäbe waren, so scheint es zurzeit ein Wiederaufleben von Hausmusik zu geben. Es gab Gelegenheit für intime Konzerte in privatem Umfeld.

Aus 24 Konzerten konnte man drei aussuchen und den jeweiligen Gigs lauschen. Eve Beuvens trat mit ihrem Trio ebenso auf wie der Kontrabassist Piet Verbist mit seinem Mammutrio und Antoine Pierre mit Urbex. Aber es gab auch das eher Unbekannte zu entdecken, so auch das Orchestre Toubab

Das Haus der Hakenbüchsenschützen

Unweit des Brüsseler Tores und der ehemaligen Stadtbefestigung befindet sich das ehemalige, in Back- und Sandstein errichtete Haus der Gilde der Hakenbüchsenschützen. Wie die Armbrust- und die Bogenschützen hatten sie einst die Aufgabe, die Stadt an den Wällen und Mauern zu verteidigen. Kamen sie zu gesellschaftlichen Anlässen und zum Übungsschießen zusammen, dann taten sie dies in der St. Jacobstraat. Wer die Fassade des Hauses betrachtet – es liegt in einer Sackgasse – wird seinen Augen nicht trauen, denn Kanonenkugeln wurden dort eingemauert, gleichsam als besonderes Dekor.

Die Gastgeberin für das Konzert vom Orchestre Toubab, Grete Goovaerts-Smekens, erläuterte vor dem Konzert nicht nur die Geschichte des Hauses, sondern auch die Bedeutung der Kanonenkugeln. Sie sollen an die Beschießung der Stadt durch Wilhelm von Oranien erinnern. Im Übrigen, so führte die Gastgeberin aus, sei man Mitglied der Gilde der Hakenbüchsenschützen nur geworden, wenn man Tafelsilber und Leinen für die Tischdecken eingebracht habe. Gewiss sei es auch auf die Treffsicherheit angekommen, doch gewisser Wohlstand war auch von Nöten, um in die Gilde aufgenommen zu werden. In der oberen Etage des sogenannten Kolveniershuis gab es auch ein besonders Zimmer, von dem aus die Damen den Herren beim Schießen zuschauen konnten.

Weltmusik und Jazz

Beim Orchestre Toubab handelt es sich um ein akustisches Quartett, das zwischen Weltmusik und Afro-Jazz changiert. Der Bandname nimmt nicht Bezug zur legendären senegalesischen Band „Orchestre Baobab“, sondern dem westafrikanischen Begriff für „weißer Mann“. Spiritus Rector der Band ist der aus Paris gebürtige Robert Falk, der nicht nur zentralafrikanische, sondern auch brasilianische Klänge in seine Musik aufgenommen hat. Zur Band gehören auch der junge, aus Rennes stammende Geiger Benoit Leseure und der Bassist Gilles Daems. Schließlich sei noch auf den Perkussionisten Gauthier Lisein verwiesen. Sie spielten als weiße Männer schwarze Musik, was Robert Falk bei einer seiner Ansagen lächelnd anmerkte.

Zu hören waren Songs wie „Fuuta Blues“, „Villa Sabrina“, „Diamant“, „Freegyan Love Song“ , Rupture“ und schließlich „Maggat Thiof“. Dabei unternahmen wir als Zuhörer eine musikalische Reise in den Senegal, nach Brasilien und in die Demokratische Republik Kongo sowie zurück.

Jenseits von Nights in San Francisco

Folgte man den Klangmusterungen, die Robert Falk auf seiner akustischen Gitarre zeichnete, so sah man sich inmitten der wilden Reiterspiele in Nordafrika oder bei den nächtlichen Tanzveranstaltungen in Dakar. Hier und da schienen auch „Nights in San Francisco“ eine Rolle zu spielen. Congas und Cajon ließen an Latin-Rhythmen denken, die Geige nur sehr selten an Grappelli und Swing. Geige und Gitarre teilten sich bei den Songs vielfach die jeweilige Melodieführung. Bisweilen war es ein Geben und Nehmen. Wenn die Geige die Suche nach dem Melodischen begann, verfolgten die übrigen Musiker das Rhythmische, auch die Akustikgitarre.

Ein Schuss Brasilien-Flair

Die Geige scheint ja vom Charakter her eher sentimental, melancholisch und wehmütig. Doch diese Charakteristika fehlten beim Orchestre Toubab weitgehend. Farbenfroh und überaus dynamisch kam die Geige daher. Einige Passagen klangen nach Cuba Libre und azurblauem Wasser. Selbst der E-Bass wagte das eine oder andere Saitentänzchen, derweil der Perkussionist das Hi-Hat mit den Handflächen tätschelte.

Wie es klingt, wenn auf einen typischen brasilianischen Rhythmus Jazzphrasierungen gesetzt werden, führte das Orchester der weißen Männer auch vor. Doch leider war dann nach 45 Minuten Schluss. Der eine oder andere hätte vielleicht gerne noch einen zweiten Set erlebt. Doch das sieht das Konzept von jazzathome nicht vor. Leider!

fotos und text: © ferdinand dupuis-panther

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