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Inszenierungen des Sinnlichen

Rubens1Seine Werke sind auch heute noch Inspirationsquelle für eine Vielzahl von Künstlern. Die Rede ist von Peter Paul Rubens, dem der Palast der Schönen Künste (BOZAR) in Brüssel eine überwältigende Ausstellung unter dem Titel «Sensation und Sinnlichkeit – Rubens und sein Vermächtnis» widmet. Rembrandt, Cézanne, oder Picasso: Mehr als 160 Kunstwerke der größten Maler aller Zeiten haben die Kuratoren aus dem In- und Ausland zusammengetragen, um den Einfluss des barocken Altmeisters auf die Malerei zu dokumentieren.

So stehen 20 Gemälde, 6 Ölskizzen, 8 Zeichnungen und 10 Kupferstiche von Rubens im Dialog mit Werken seiner künstlerischen Erben wie etwa Böcklin, Corinth, Delacroix, Gainsborough, Jordaens, Klimt, Kokoschka, Murillo, Van Dyck, Rembrandt, Renoir, Turner, Watteau, Manet, um nur einige zu nennen.

Entführt werden die Besucher in die Zeit des Hochbarocks, in das geniale Schaffen Rubens voll Pathos und Sinnlichkeit. Die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit dem Königlichen Museum der Schönen Künste Antwerpen entstand, wurde in die Themenbereiche Gewalt, Macht, Wollust, Mitgefühl, Eleganz und Poesie gegliedert.

Religion, Erotik und Poestie

«In Belgien kennen wir Rubens hauptsächlich als Maler religiöser Szenen», so Nico Van Hout, Kurator der Ausstellung anläßlich einer Pressekonferenz in Brüssel. Das rühre daher, dass Rubens´ Werkstatt ab 1616 einen nicht nachlassenden Strom von Altarbildern für flämische und nordfranzösische Kirchen produziert habe. Ergreifende Passionsszenen sollten bei den Gläubigen Gefühle wie Empathie und Mitleid hervorrufen. Dabei sei er ein Homer der Maler gewesen, der alle Nationen angesprochen habe. Spanische Künstler hätten seine religiösen Gemälde bevorzugt, englische seine Porträts und Landschaften, während sich französische vor allem von der Erotik und Poesie in seinem Werk angezogen gefühlt, und deutsche und österreichische seine Lebenskraft bewundert hätten.

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Tatsache ist, dass wenig alte Meister Aggression, Kampf, Gräuel oder Horror überzeugender als Rubens inszenierten. Dabei faszinierte ihn der Jagdinstinkt von Raubtieren und der Kampf von Kriegern auf Leben und Tod maßlos. Rubens’ beeindruckende «Tiger, Löwen und Leopardenjagd» ist ein typisches Beispiel für diese Faszination. Nie zuvor wurden Tiger mit mehr Überzeugungskraft dargestellt. Mit dem Pinsel und seinem anatomischen Wissen erweckt Rubens die Raubtiere geradezu zum Leben. Kein Wunder, dass sich Eugène Delacroix in seinen Jagdgemälden von Rubens inspirieren ließ, was der Besucher in der Ausstellung nachvollziehen kann.

Rosige Wollust

Rubens4Bekanntermaßen stellte Rubens gerne vollschlanke nackte Frauen, aufreizend, stets rosig, lieb, mit einer fast lebensecht erscheinenden Haut dar, was das im Jahr 1617 entstandene Werk «Pan und Syrinx» verdeutlicht.

Ein absolutes Spitzenstück der Ausstellung ist Rubens´ «Liebesgarten», das aus dem Prado nach Brüssel reiste. Rubens hatte Titians Gemälde «die Andrier» zum Ausgangspunkt eines zeitgenössischen Lustgartens genommen, in dem fünf modisch gekleidete Paare bei einem Venusbrunnen verweilen. Sein «Liebesgarten» ist eine Ode an das Flirten, die Verliebtheit und die französische Mode. Zudem verweist Rubens in diesem Werk auf die wunderbare Zeit, die er in diesen Jahren mit seiner jungen Frau Hélène Fourment erlebte.

Der am 28. Juni 1577 in Siegen (Westfalen) geborene Rubens, der im Mai 1640 in Antwerpen verstarb, kaufte im Jahr 1635 ein großes Sommerhaus in der Nähe von Mechelen, von wo aus er sich von Naturphänomenen, von Baumgärten und idyllischen Weiden oder Regenbögen inspirieren ließ. Vor allem auf britische Maler übten Rubens Landschaftsgemälde eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus.

Niemand kann leugnen, dass Rubens der Kunstgeschichte ein anderes Gesicht verliehen hat, was nur wenigen Künstlern gelingt. Ohne Rubens kein Rokoko und keine Romantik, kein Orientalismus oder Impressionismus. Aus diesem Grunde schenkte Nico Van Hout wohl nicht so sehr der Person Rubens’ oder dem geschichtlichen Kontext seines Lebens seine Aufmerksamkeit, sondern seiner Kunst und dem Einfluß, den er auf Künstler, die nach ihm kamen, ausübte, was ihm optimal gelungen ist.

Heide Newson

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Bildernachweis:

Peter Paul Rubens, Pan and Syrinx, 1617 Oil on panel, 40 x 61 cm Staatliche Museen, Kassel. Foto Ute Brunzel.

Peter Paul Rubens, Le Jardin de l’amour, ca. 1635, Huile sur toile Madrid, Museo Nacional del Prado, Foto © Madrid, Museo Nacional del Prado.

Peter Paul Rubens, Venus Frigida, 1614, 145.1 x 185.6 x 3.8 cm, Oil on panel, Inv. No. 709 © Lukas – Art in Flanders VZW / Royal Museum of Fine Arts Antwerp, Foto Hugo Maertens.

Paul Cézanne (1839 – 1906), Trois baigneuses, ca. 1875, Huile sur toile, Collection particulière, Foto: Ali Elai, Camerarts.

Info:

Die Ausstellung Sensation und Sinnlichkeit – Rubens und sein Vermächtnis wird bis zum 4.1.2015 im BOZAR Rue Ravenstein 23 in 1000 Brüssel gezeigt

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag: 10-18 Uhr (Donnerstag 10-21 Uhr)
Montag geschlossen.

Tel.: 32 2 507 82 00 – info@bozar.be – www.bozar.be

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