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Die Tücke mit dem Internet … und andere Erlebnisse einer ausländischen PhD-Studentin in Brüssel

Foto: CC BY 2.0 by Kazuhisa OTSUBO

Von Margaretha Mazura.

Die Sprachbarriere

Wer Neurowissenschaften studiert, hat seinen Fokus auf Wissenschaft, nicht auf Sprache. So studierte Marina (ich nenne sie für diesen Artikel so) in Schottland und Australien, auf Englisch, und beschloss, ihr PhD in Brüssel zu machen. Dazu muss man erwähnen, dass Marina durchaus nicht monolingual ist. Ihre Muttersprachen sind Deutsch und Spanisch, und Englisch die erwählte Studiensprache, eben weil ingua franca der Wissenschaften.

Gesagt, getan, sie wurde an der ULB akzeptiertund auf ging es in die Europa-Hauptstadt. Die sich aber schon bei der Wohnungssuche weniger hauptstädtisch weltoffen als vielmehr frankophon darstellte. Und Anderssprachigen gegenüber gar nicht so freundlich erwies, wie man erwartete. Denn Studenten gibt es viele, Wohnungen wenige, und diese kosten ziemlich viel.

Nach einmonatiger Suche wurde eine kleine Wohnung gefunden, um 1000 pro Monat. Dass in dieser Preissparte mit so kleinen Details wie einer rinnende Toilette gerechnet werden muss, ist ja vorherzusehen. Aber nach mehrfacher Urgenz – in Franzenglisch – hat der Hausherr dies repariert. Dass kurz danach Wasser im Badezimmer war, wird niemanden verwundern. Dass es allerdings vor allem an den Wänden herunterrann und nicht in der Dusche, ergab eine neue Definition von “Nassraum”. Auch dies wurde nach ein paar Wochen repariert …

Internet 2022

Man hört ja viel von G, (die verschiedenen Schnelligkeitsstaffeln des Internetanschlusses). Marina dachte daher, wie vermutlich jeder, dass ein Internet-Anschluss nur eine Frage von ein wenig Zeit . Natürlich ist “ein wenig” Auslegungssache. Wer aber studiert, teilweise in “office”, weil ja die Pandemie noch immer ihre Zeichen setzt, braucht Internet dringend. Also geht man zum gröten Anbieter in der Hoffnung, effiziente Service zu bekommen. Dieser verlangte zunächst eine belgische Telefonnummer, warum man nicht, da ja ein Neuankömmling kaum ein nationales Handyhat.

Aber vielleicht war das auch eine Verständigungsschwierigkeit, jedenfalls wurde die Telefonnummer einer Freundin angegeben, die aber nie kontaktiert wurde. Das wurde rasch aufgeklärt: So schnell ginge das ja nicht, um einen Techniker zu senden, braucht man mindestens Wochen Vorlaufzeit. OK, abgehakt. Der nächste Anbieter war schneller zur Stelle, fragte aber zuvor vorsichtshalber, ob schon ein Anschluss bestünde. Marina kontaktierte daraufhin ihren Vermieter, positive Antwort, also alles perfekt. Nur dass der Internetanschluss nicht jener des neuen Anbieters war… denn das sind verschiedene Kabel mit verschiedenen Anschlüssen …

Die Tücke mit der Lücke in der Wand

“Wir müssen neue Kabel einziehen, dazu brauche ich spezielle Techniker und deren Zeitplan ist ausgebucht” machte der junge Internet-Techniker Marina klar. Sie war am Rande der Verzweiflung. Ohne Internet, kein Arbeiten. Ohne Arbeiten, kein PhDStudium. Ohne PhDStudium, kein PhD. Aber der Techniker war aufmerksam und sah in einem anderen Zimmer ein Loch in der Wand, aus dem Kabel heraushingen. Vielleicht lag es aber auch am lieblich-verzweifelten Gesichtsausdruck der attraktiven Mieterin, der den Techniker zu ungeahnten Leistungen antrieb: “Da ist ein Kabel, falls das zur Strae und in den Hauptkabelkanal führt, könnten wir versuchen, hier ein neues Kabel parallel zu legen”.

Gesagt, getan. Während der Techniker nach unten ging, um den Ausgang des Kabels zu entdecken, musste Marina oben am Kabel regelmäig ruckeln und zuckeln. Es funktionierte. Es gab die Kabelleitung, also musste nicht extra gestemmt und neuverlegt werden. Der Techniker schmierte sein Kabel mit Seife ein, damit es gleiten und entlang des vorhandenen Kabels nach unten driften konnte. In gebrochenem Englisch erklärte er Marina: “Sie haben Glück, sonst hätten Sie noch Wochen auf das Internet warten können”. Sie hatte ihm zwischenzeitlich Kaffee offeriert, um seine spontane Hilfe zumindest mit einer kleinen Freundlichkeit zu honorieren.

Ende gut, alles gut

Nach Monaten – denn so lange dauerte insgesamt die Einzugsodyssee – ist Marina nun glücklich installiert in ihrem belgischen Studenten-Refugium. Sie gibt aber zu, dass es in Schottland und Australien um einiges einfacher: nicht nur wegen der Sprache, sondern weil die Menschen im allgemeinen hilfsbereiter und kommunikativer – mit Ausnahme des belgischen Technikers, der für sie der rettende Internet-Engel war.

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