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Die Ehe des Dr. Martin Luther: „Mein Herr Käthe“

Von Friedhelm Tromm.

Inzwischen dürfte es sich in der deutschen Community Brüssels herumgesprochen haben: Wer deutschsprachiges Theater oder Kabarett erleben will, braucht dafür nicht extra nach Deutschland zu reisen, sondern nur nach Wezembeek-Oppem. Am 10. Oktober gastierte an der Deutschen Schule wieder einmal das „Theater im Palais“ aus Berlin, diesmal zu einer Uraufführung.

“Das Ehepaar Luther. Familienglück und Weltgeschichte“ lautet der Untertitel des Theaterstücks, das der Dramatiker und Autor Uwe Hoppe eigens zum 500-jährigen Jubiläum der Reformation geschrieben hat.

Im langen Reigen der Feierlichkeiten und Veranstaltungen während des Lutherjahrs 2017 setzt das Stück damit einen besonderen Akzent, in zweifacher Weise: Es lenkt den Blick auf das „Privatleben“ des Reformators, das doch niemals ganz privat sein konnte, und auf die Frau an seiner Seite, Katharina von Bora, von der er selbst sagte: „Dass der Teufel meiner nicht habhaft werden konnte, das ist wohl allein meiner Käthe zu verdanken“.

Keine Liebesheirat

Begonnen hatte diese Ehe öffentlich als Skandal, und privat? Jedenfalls nicht als Liebesheirat.

Dass ein ehemaliger Mönch eine entlaufene Nonne heiratete, war ein gefundenes Fressen für Luthers Gegner, die sich sicher waren, dass aus einer solchen Verbindung nur etwas Satanisches hervorgehen könne. Und gestiftet wurde die Verbindung zunächst hauptsächlich, weil Katharina und ihre aus dem Kloster geflohenen Ordensschwestern ‚versorgt’ werden mussten, denn als Frauen konnten sie damals außerhalb von Klostermauern nicht alleine existieren.

Dabei hatte sich Katharina zunächst in einen gewissen Hieronymus Baumgartner verliebt – dessen Eltern die Heirat jedoch verboten. Auch Luther hatte vorher eine andere Dame im Blick, Ave von Schönfeld, zögerte aber so lange, bis diese sich anders entschied.

Für den ehemaligen Mönch Luther muss der Schritt in die Ehe eine große Hürde gewesen sein. Noch anderthalb Jahre vor seiner Hochzeit erwiderte er auf Gerüchte, er werde demnächst heiraten: „Mein Sinn steht der Ehe fern, da ich täglich den Tod und die verdiente Strafe für einen Ketzer erwarte.“ Schließlich siegte aber doch die Überzeugung, dass diese Lebensform Gottes welterhaltender Ordnung mehr entspräche als der Zölibat.

Man sollte sich also hüten, moderne, allzu romantische Vorstellungen in diese Beziehung zu projizieren.

Aber eine geglückte Ehe?

Und doch wurde allem Anschein nach aus der Vernunftehe eine letztlich glückliche Beziehung, wenn auch nicht frei von Konflikten, vielleicht gerade weil beide sicher nicht ohne Gefühle, aber doch mit wenig Romantik an die Sache herangingen?

Der Zuschauer erlebt in diesem Zwei-Personen-Stück „Szenen einer Ehe“ Herrn und Frau Luthers:

Der Theologe möchte ungestört arbeiten, worauf seine Frau nicht immer Rücksicht nehmen kann, denn sie führt eine riesige Wirtschaft mit großem Haus (dem umgebauten ‚Schwarzen Kloster’), in dem täglich eine immer größer werdende Familie, Studenten und andere Gäste versorgt werden müssen.

Seine Gedanken gelten ausschließlich den himmlischen Dingen, während sie sich allzu oft, von finanziellen Sorgen geplagt, über seine Unfähigkeit bzw. seinen Unwillen beklagt, mit seiner Arbeit mehr Geld zu verdienen.

Die Freude über die gemeinsamen Kinder aber führt sie immer wieder zusammen, und auch der Schmerz, als sie gemeinsam über den Tod der erst 13-jährigen Tochter Magdalena trauern.

Die Inszenierung zeichnet gleichsam historische Genrebilder dieser Ehe mit ihren Sorgen und Freuden, ihren Höhen und Tiefen, das Ganze, und das ist das Besondere des Stückes, als Wechsel zwischen Spielszenen, Reflexionen und Musik, wobei Jens-Uwe Bogadtke und Gabriele Streichhahn das Ehepaar glaubwürdig und lebendig verkörpern. In dieser Ehe war jedenfalls vieles geglückt, und sie wurde so zum Vorbild einer neuen Lebensform für alle protestantischen Pfarrer.

Die „Lutherin“ – eine emanzipierte Frau?

War Katharina Luther dabei auch eine moderne, eine ‚emanzipierte’ Frau? Wohl durchaus, soweit die Zeit es zuließ.

Sie reiste als mittellose Nonne in Wittenberg ein – schließlich war sie die Frau mit dem größten Grundbesitz in der Stadt. Sie war die einzige Gelehrtenfrau Wittenbergs, die von Lucas Cranach gemalt wurde. Und vom jüngeren Luther ist zwar der Spruch überliefert: „Der Weiber Regiment, nimmt selten ein gut End“ – doch am Ende ließ er sie zu Hause doch schalten und walten, war dankbar für ihre Tüchtigkeit und nannte sie anerkennend „mein Herr Käthe“. Er machte sie in seinem Testament nicht nur zur Alleinerbin, sondern sie sollte nach seinem Tode auch alleiniger Vormund der gemeinsamen Kinder werden.

Dennoch war ihre Lage nach dem Tode Luthers 1546 zunächst prekär, denn das Testament wurde nicht anerkannt, da es dem geltenden Recht widersprach – erst ein Machtwort des Kurfürsten sicherte ihr wesentliche Teile der Erbschaft und ihrer Rechte.

Am 31. Oktober gehen die Feierlichkeiten zum Reformationsjubiläum offiziell zu Ende. Für die Spielzeugmarke Playmobil ist das Jahr schon jetzt ein voller Erfolg: Ihre Plastikfigur Martin Luthers wurde mehr als eine Million Mal verkauft. Warum, fragt man sich nach diesem Theaterstück, wurde eigentlich nicht auch eine Figur von „Herrn Käthe“ produziert?

Bericht und Fotos: Friedhelm Tromm

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