Aktuell, Wirtschaft

Außenwirtschaft in schwierigen Zeiten

Von Rainer Lütkehus.160127_AHK debelux Neujahrsempfang_96dpi (62 von 107)

Schwere Zeiten für Belgien und Deutschland: Flüchtlingskrise, ein befürchtetes Ende von Schengen, der mögliche Austritt Großbritanniens aus der EU, die sich abschwächende Weltwirtschaft und die weiter schwelende Eurokrise. In diesem unsicheren Umfeld würden die engen wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder weitergehen, ja müssten enger werden. Da waren sie sich einig, der deutsche Botschafter Rüdiger Lüdeking, der Debelux-Hauptgeschäftsführer Hans-Wolfgang Busch und der der Chef der belgischen Nationalbank, Jan Smets (Foto) auf dem Neujahrsempfang der deutschen Auslandshandelskammer in Belgien, Debelux, der letzte Woche in der deutschen Botschaft in Brüssel stattfand.

Deutschland und Belgien spielten eine wichtige Rolle bei der Überwindung der Flüchtlingskrise, sagte Botschafter Lüdeking. Die Unternehmen beider Länder sollten gemeinsam gegen die zentrifugalen Tendenzen in der EU ankämpfen und auf die Risiken eines Endes des Schengenraums hinweisen. Schwere Zeiten für die Außenwirtschaft? „Ja und nein“, sagte Debelux-Chef Busch. Jedenfalls behalte Belgien seinen Stammplatz in den Top Ten von Deutschlands Handelspartnern. Die Entscheidung des VW-Konzerns, das Elektroauto von Audi in Brüssel Forest bauen zu lassen, zeige dass sich beide Volkswirtschaften immer mehr verflechteten.

Jan Smets, Chef der belgischen Nationalbank, sieht Belgiens Wirtschaft auf gutem Weg, und zwar in erster Linie dank der „wachstumsfreundlichen“ Geldpolitik seines Bankhauses. Smets leitet seit März 2015 die Geschicke der belgischen Nationalbank und hat in der Geldpolitik der europäischen Zentralbank (EZB) ein Wort mitzureden. „Ich bin zweimal pro Monat in Frankfurt“. Anders als sein deutscher Kollege von der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, trägt Smets die expansive Geldpolitik des EZB-Direktoriums unter der Führung des Italieners Mario Draghi voll mit: „Alle getroffenen Maßnahmen der EZB sind gerechtfertigt und wirken“. Die EZB pumpt monatlich 60 Milliarden Euro in den Wirtschaftskreislauf („Quantitative Easing“), um die Inflation zu erhöhen und um die Nachfrage in der Realwirtschaft zu stimulieren. Weidmann hält das für unerlaubte Staatfinanzierung.

Smets fand, dass die EZB das Ihrige zur Erholung der Wirtschaft im Euroraum und damit der belgischen Wirtschaft getan habe. Der Rest sei Aufgabe der Regierungen. Angesprochen auf die Politik der belgischen Föderalregierung antwortete er gegenüber Belgieninfo: „Die Richtung der Reformen („Tax Shift“, Arbeitsmarktreform, Anhebung des Rentenalters auf 67) ist richtig. Aus der konkreten Ausgestaltung halte ich mich raus“. Die Aussetzung der Lohnindexierung habe dazu geführt, dass Belgien seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber seinen Haupthandelspartnern zurückgewonnen habe. Belgiens Arbeitnehmer seien gut ausgebildet, müssten allerdings mobiler werden. Er würde es begrüßen, wenn das duale Ausbildungssystem, wie es in Deutschland, Österreich und der DG praktiziert wird, in Belgien eingeführt würde. Aber dafür bedürfe es eines gesetzlichen Rahmens.

Auch könne Belgien seine Staatsschulden wieder zurückführen: „Wir haben das früher geschafft und werden das wieder schaffen.“ 2015 lag der Schuldenstand bei 107 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Im Zeitraum 2000 bis 2008 konnte er von 109 Prozent auf 92 Prozent abgebaut werden, stieg danach aber stetig. Nach Schätzungen der belgischen Nationalbank soll Belgiens Bruttoinlandsprodukt 2016 um 1,3 Prozent und 2017 um 1,6 Prozent steigen.

Aus belgischer Sicht ist Deutschland Belgiens wichtigster Außenhandelspartner: 16 Prozent seiner weltweiten Exporte gehen dorthin, und 15 Prozent seiner Importe kommen von dort. Deutschland geht es derzeit wirtschaftlich gut. Als Waggon hinter der Lokomotive Deutschland, profitiert Belgien von dessen robuster Konjunktur. Die Debelux unterstützt zusammen mit der Botschaft den Außenhandel zwischen beiden Ländern. Sie wurde 1894 in Brüssel gegründet und ist damit die älteste aller deutschen Auslandhandelskammern, von denen es 130 in 90 Ländern gibt. Die Debelux hilft beim Auf- und Ausbau von Geschäftskontakten für deutsche Unternehmen in Belgien und Luxemburg, sowie umgekehrt für belgische und luxemburgische Unternehmen in Deutschland. Sie hat eine Geschäftsstelle in Köln.

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