Editorial

Alle Jahre wieder: Ab 28. März gilt die Sommerzeit. Warum eigentlich immer noch?

Von Reinhard Boest.

Am nächsten Wochenende werden wieder die Uhren umgestellt. Sollte das nicht wegen der alljährlich zweimal aufkochenden Debatte abgeschafft werden? Seit diesem Jahr soll in jedem EU-Mitgliedstaat das ganze Jahr über nur noch eine Zeit gelten, und zwar die, die dieser selbst festlegt.

Vor knapp zwei Jahren hat die EU entschieden, dass sie ihren Mitgliedern nicht mehr vorgibt, ob sie Sommer- oder Winterzeit zum Standard machen. Seither ringen die Mitgliedstaaten mit sich selbst, was sie mit dieser neuen Freiheit anfangen sollen. Jede Regierung wartet darauf, was die Nachbarn machen. Denn keine will, dass an der nationalen Grenzen eine Zeitgrenze entsteht, wo es bisher keine gibt. Aber wie kriegt man es hin, dass in der mitteleuropäischen MEZ-Zeitzone im Sommer an der Ostgrenze Polens die Sonne nicht zu früh (3 Uhr) und im Winter an der Westspitze Spaniens nicht zu spät (10 Uhr) aufgeht? Die Benelux-Staaten haben schon sehr früh festgelegt, dass sie auf jeden Fall in derselben Zeitzone bleiben wollen. Aber was machen Deutschland und Frankreich? Eine Zeitgrenze an der deutschen Westgrenze (wie übrigens bis 1940) wäre ein Politikum, das über den möglicherweise gestörten Biorhythmus von Mensch und Tier weit hinausginge. Das gleiche würde an der Grenze zu Polen gelten: eine Stunde Zeitunterschied zwischen Frankfurt/Oder und Slubice oder Görlitz und Zgorzelec? Das kann man sich nicht wirklich vorstellen. Jedenfalls zeigt sich an diesem Beispiel, dass der Verzicht auf eine EU-Regelung nicht immer dazu führt, dass alles besser wird. Jedenfalls ist bis auf Weiteres nicht absehbar, dass sich die Mitgliedstaaten einigen werden.

Gehen wir also davon aus, dass wir auch in den nächsten Jahren weiter an der Uhr drehen werden – und es keine Zeitgrenze zwischen Aachen und Eupen gibt.

Leave a Comment

Ihre E-Mail-Adresse wird veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.