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Didier Reynders’ Neujahrsempfang im Zeichen von Terrorismus

ReyndersEr trug kein Logo mit der Solidaritätsbekundung „Je suis Charlie“, dennoch stand der Neujahrsempfang von Außenminister Didier Reynders ganz im Zeichen der terroristischen Anschläge in Paris, Meinungsfreiheit, Solidarität, Gerechtigkeit und Toleranz.

Weitaus weniger Medienvertreter als geladen, nur geschätzte 60, waren in den Egmont Palast gekommen, um am traditionellen Neujahrsempfang teilzunehmen, den Reynders alljährlich für nationale und internationale Pressevertreter gibt. „Vielleicht stehen einige Kollegen noch zu sehr unter dem Schock der jüngsten Pariser Ereignisse, sind mit zu viel Arbeit eingedeckt, oder haben genug von den Neujahrsempfängen, die derzeit in Brüssel am Fließband geliefert werden. An Reynders liegt´s nicht, der ist bei den Journalisten überaus beliebt“, so ein belgischer Kollege.

Mit lila Krawatte, strahlender Laune und braun gebrannt betrat Reynders den imposanten Palast und begrüßte die Journalisten geradezu kumpelmäßig. Soeben sei er aus Ruanda und Burundi zurückgekehrt, antwortete er mir auf meine Frage, wo er sich die beneidenswerte Urlaubsbräune geholt habe. „Nein Urlaub habe ich da nicht gemacht“, lachte er. „Afrika ist für Belgien sehr wichtig, und stand im neuen Jahr sogleich auf der Agenda.“ Von den Ereignissen in Frankreich sei er dabei geradezu überrollt worden. Tief erschüttert hätten sie ihn, seine Gedanken seien bei den Opfern und deren Familien gewesen.

Geist der Toleranz

Die barbarische Tat der Terroristen verurteilte Belgiens Außenminister in seiner Neujahrsansprachein aller Entschiedenheit. Gemeinsam gelte es die Werte unserer Freiheiten, einschließlich der Meinungsfreiheit zu verteidigen, so seine Neujahrsbotschaft. Gleichwohl rief er zum Geist der Toleranz und gegen Hass und Zwietracht auf. Zutiefst schockiert zeigte er sich über den Anschlag auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ und die vielen Toten. Dennoch gebe es auch viel Kritik an dieser Art von Berichterstattung, man müsse sie nicht unbedingt mögen, aber das Recht auf freie Meinungsäußerung müsse gewahrt bleiben, so Reynders.

Dann ging er auf die schweren politischen Entscheidungen ein, die im neuen Jahr in Sachen Beschäftigung, Wirtschaft, Budgetfragen, Integration, Ukraine, Russland, oder Sicherheitsfragen mit Blick auf die aktuelle Terrorgefahr anstünden. Er sprach über die selbsternannten Gotteskrieger, darunter auch Belgier, die sich der IS bereits angeschlossen hätten und nach Belgien zurückkehren könnten.

Weiter sprach er über den Terroranschlag im Jüdischen Museum in Brüssel, den er ja aus nächster Nähe miterlebt hatte. Zum Schutz der Bürger brauche man einen neuen Sicherheitsansatz. Es gelte eine neue Strategie aufzubauen, und zur Erhöhung der Sicherheit werde neben der Polizei in einigen öffentlichen Gebäuden, Botschaften, internationalen Institutionen, falls erforderlich, auch das Militär eingesetzt.

Reynders ist sich der Tatsache bewusst, dass auch Belgien die potenzielle Zielscheibe von Terroristen werden kann, und dass die Angst nach den Anschlägen von Paris wächst. Das neue Jahr habe zwar schlecht begonnen, aber dennoch sah er keinen Grund zu Pessimismus. Anstatt zu verzagen, eröffnete er das mit Fritten, Haché Americain und Muscheln einladende Buffet, erhob das Glas, und wünschte den Journalisten nur das Allerbeste.

Kann ich mich als Journalistin in Brüssel sicher fühlen? wollte ich von ihm wissen. „Natürlich können Sie das, aber ein Restrisiko kann man für niemanden ausschließen“, sagte er. Auch in Belgien gelte derzeit eine hohe Terroralarmstufe, alles werde verstärkt beobachtet, gescheckt und auf hohem Niveau analysiert. Und auf meine Frage, wie er mit Charles Michel, dem neuen belgischen Premierminister, zurechtkäme, und ob die Regierung über die gesamte Amtszeit halte, meinte er, dass er sich mit Charles Michel gut verstehe und alles versuche, damit diese Regierung halte.

Reynders, NewsonMit dieser klaren Aussage stärkte er sich am Buffet mit einer großen Ladung „Américain“ und einem edlen Tropfen, und beantwortete (fast) alle noch so unbequemen Fragen.

Heide Newson

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